Während bei Kindern und Jugendlichen die negativen Auswirkungen der Internetnutzung intensiv diskutiert werden, bleibt eine wichtige Frage meist unbeantwortet: Wie wirkt sich das Surfen auf ältere Menschen aus? Erste Studien deuten darauf hin, dass Senioren möglicherweise sogar von der digitalen Welt profitieren könnten.
Die Forschungslage zu diesem Thema ist noch dünn. «In der Forschung wissen wir noch sehr wenig darüber, wann Social-Media-Nutzung unter welchen Bedingungen negative Folgen haben kann», erklärt Sozialforscherin Licia Bobzien von der Universität Potsdam. In bestimmten Gruppen könne es durchaus positive Effekte geben.
«Wie jede technologische Innovation bieten sie Chancen und Risiken», beschreibt Bobzien digitale Plattformen. Einerseits sei es einfacher geworden, Kontakt zu Familie zu halten. «Wenn der Whatsapp-Call mit der Oma aber bedeutet, dass man die Oma zweimal weniger besucht, ist es nicht der gewünschte Effekt.»
Positive Effekte bei Senioren nachgewiesen
Eine groß angelegte Studie aus Hongkong untersuchte die Auswirkungen der Internetnutzung auf Menschen ab 50 Jahren. Die Forschenden um Qingpeng Zhang von der Universität Hongkong analysierten Daten von rund 87.600 Personen aus 23 Ländern, darunter Deutschland, die USA und China.
Das Ergebnis überrascht: Internetnutzung ging bei den älteren Teilnehmern mit höherer Lebenszufriedenheit und besserer selbst eingeschätzter Gesundheit einher. Zudem zeigten die Nutzer weniger Depressionssymptome. Die Studie wurde in der Fachzeitschrift «Nature Human Behaviour» veröffentlicht.
Die Forschenden betonten jedoch, dass nur ein statistischer Zusammenhang nachgewiesen wurde. Ob die Internetnutzung tatsächlich für die positiven Effekte verantwortlich ist, bleibt unklar. Als Internetnutzung galten E-Mails, Online-Einkäufe, Reisebuchungen und die Suche nach Informationen.
Selbstwirksamkeit durch Recherche
Die positive Wirkung könnte verschiedene Ursachen haben. Wenn ältere Menschen selbst nach medizinischen Ratschlägen suchen, steige möglicherweise ihre Selbstwirksamkeit und Motivation für Behandlungen. Auch emotionale Unterstützung durch andere Betroffene im Netz könne hilfreich sein.
Dennoch warnen die Hongkonger Forschenden vor übermäßigem Optimismus. Das Internet könne ein «zweischneidiges Schwert» für die psychische Gesundheit älterer Menschen sein. Exzessive Nutzung schade dem Wohlbefinden, weil wichtige Offline-Aktivitäten wie Bewegung und reale soziale Kontakte zu kurz kämen.
Unterschiedliche Nutzungsgewohnheiten
Eine deutsche Studie der Universitäten Potsdam und München untersuchte die konkreten Online-Gewohnheiten verschiedener Altersgruppen. Die Ergebnisse zeigen deutliche Unterschiede: Während junge Erwachsene mehr als drei Stunden täglich online verbringen, sind es bei 45- bis 54-Jährigen gut eine Stunde und bei 65- bis 74-Jährigen rund 40 Minuten.
«Wir waren ehrlicherweise überrascht, wie viel Zeit auch Ältere online verbringen», berichtet Forscherin Bobzien. Ältere Menschen bevorzugen demnach Messenger-Dienste wie WhatsApp oder Facebook, während Youtube generationsübergreifend genutzt wird.
Auch die Motivation unterscheidet sich: Jüngere nutzen soziale Medien häufiger zur Informationsbeschaffung, Ältere eher zur Unterhaltung. Die Studie erschien in der Fachzeitschrift «Socius: Sociological Research for a Dynamic World».
Warnung vor Überforderung des Gehirns
Cyberpsychologin Catarina Katzer mahnt zur Vorsicht für alle Altersgruppen. «Das Problem ist, dass wir momentan noch nicht dabei sind, ein digitales Bewusstsein zu entwickeln: Was tut mir gut und wie viel ist für mich schädlich?» Bei Kindern und Jugendlichen sei dieses Problem noch ausgeprägter.
Katzer warnt vor grundsätzlichen Problemen: «Unser Steinzeitgehirn ist mit der Vielfalt und Schnelligkeit des Internet-Rhythmus überfordert. Wir müssen uns bewusst sein, dass wir emotional und kognitiv auf falsche Fährten gelockt werden und wir bestimmte Fähigkeiten verlieren oder gar nicht erst erlernen» - etwa kritisches Denken oder eigenständige Problemlösung.
(dpa) Hinweis: Dieser Artikel wurde mithilfe von Künstlicher Intelligenz überarbeitet.