Lieferprobleme beim niederländischen Halbleiterhersteller Nexperia bringen die deutsche Industrie in akute Bedrängnis. Nach der Übernahme der Firmenkontrolle durch die niederländische Regierung stoppte China die Ausfuhr wichtiger Bauteile für die Autoindustrie. Die Bundesregierung führt nun intensive Gespräche mit allen Beteiligten.
Der Verband der Elektro- und Digitalindustrie (ZVEI) warnt vor einer Krise in der deutschen Wirtschaft. Wolfgang Weber, Vorsitzender der ZVEI-Geschäftsführung, erklärte gegenüber der Deutschen Presse-Agentur, die Mitgliedsfirmen arbeiteten an Ersatzlösungen. «Ein Problem liegt jedoch in der notwendigen Qualifizierung der Ersatzbauteile - wir können also keine Entwarnung geben», sagte Weber.
Verbände schlagen Alarm
Der Verband der Automobilindustrie (VDA) hatte bereits am Dienstag vor dramatischen Folgen gewarnt. VDA-Präsidentin Hildegard Müller erklärte: «Die Situation könnte schon in naher Zukunft zu erheblichen Produktionseinschränkungen, gegebenenfalls sogar zu Produktionsstopps führen.» Die Branche hält Produktionsstopps mittlerweile für vorstellbar.
Das Bundeswirtschaftsministerium organisierte eine Krisenschalte mit Verbänden und Unternehmen aus der Automobil- und Elektronikindustrie. Nach Angaben der Frankfurter Allgemeinen Zeitung sollten auch Maschinenbauer, Fabrikausrüster und Spezialisten für Automatisierungstechnik sowie Pharma- und Chemieunternehmen teilnehmen.
Regierung sucht diplomatische Lösung
Die Bundesregierung zeigt sich besorgt und führt intensive Gespräche mit allen Beteiligten. Ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums bestätigte den engen Austausch auch mit der chinesischen Regierung. Die Krise müsse schnell politisch gelöst werden.
Der niederländische Wirtschaftsminister Vincent Karremans telefonierte bereits am Dienstag mit seinem chinesischen Kollegen Wang Wentao. Die diplomatischen Bemühungen sollen den Lieferstopp beenden und eine Eskalation verhindern.
Autoindustrie bereitet Notfallpläne vor
Volkswagen meldete, dass die Produktion in Wolfsburg bisher unbeeinträchtigt geblieben sei. Aufgrund der dynamischen Lage könnten Auswirkungen aber kurzfristig nicht ausgeschlossen werden, hieß es in einem Eintrag im Konzern-Intranet. Mercedes-Benz aus Stuttgart rechnet kurzfristig nicht mit Ausfällen.
Erste Zulieferer haben bereits Taskforces eingerichtet. ZF und Bosch sprechen von großen Herausforderungen und arbeiten an Notfallplänen. Die Unternehmen loten nach Branchenangaben bereits Alternativen aus.
Strategisch wichtiger Marktführer
Nexperia mit Sitz im niederländischen Nijmegen ist ein wichtiger Anbieter sogenannter diskreter Halbleiter. Diese eher einfachen Bauteile sind für die Wirtschaft unverzichtbar und regulieren beispielsweise Spannung in Steuergeräten oder binden Sensoren an. Bei einzelnen Bauteilen ist das Unternehmen nach eigenen Angaben Weltmarktführer.
Zu den Kunden zählten Stand August Automobilhersteller wie Tesla sowie Zulieferer wie Bosch. Nexperia betreibt Fabriken in Hamburg und Manchester sowie Montagezentren in Asien.
Ersatz schwer zu finden
Peter Fintl, Automobilexperte des IT-Dienstleisters Capgemini, erklärt die Problematik: Auf den ersten Blick handle es sich um Massenware, allerdings seien die Bauteile oft sehr speziell angepasst. «Für bestimmte Bauteile kann man nicht ohne weiteres auf andere Hersteller umswitchen», sagte Fintl.
Die Suche nach Ersatzlieferanten gestaltet sich kompliziert und langwierig. «Allerdings spricht man hier nicht von Tagen oder Wochen, sondern von Monaten oder Quartalen», warnte der Experte. Änderungen der Lieferketten seien zwar grundsätzlich möglich, benötigten aber erhebliche Zeit.
Politischer Hintergrund
Der niederländische Minister Karremans hatte dem chinesischen Eigentümer von Nexperia per Beschluss des Amsterdamer Wirtschaftsgerichts die Kontrolle entziehen lassen. Zuvor hatte er erklärt, der Handelsstreit zwischen den USA und China habe nichts mit dem Konflikt um Nexperia zu tun.
Aus Gerichtsakten geht jedoch hervor, dass die USA die Niederlande zu diesem Schritt gedrängt hatten. Die geopolitischen Spannungen zwischen den Supermächten wirken sich nun direkt auf die deutsche Industrie aus.
(dpa) Hinweis: Dieser Artikel wurde mit Künstlicher Intelligenz (KI) erstellt.