Lange Wartezeiten und komplizierte Terminvergaben sollen in deutschen Arztpraxen bald der Vergangenheit angehören. Die gesetzlichen Krankenversicherungen fordern ein neues digitales System, das Patienten bereits vor dem Praxisbesuch eine erste medizinische Einschätzung ermöglicht.
Oliver Blatt, Vorstandschef des GKV-Spitzenverbands, macht sich für grundlegende Reformen stark. «Wir sollten Patientinnen und Patienten besser unterstützen, an die richtige Praxis zu gelangen», sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Das aktuelle System benachteilige gesetzlich Versicherte gegenüber Privatpatienten.
Deutschland führt europaweit bei der Anzahl der Arzt-Patienten-Kontakte. «Aus Spaß geht aber wohl niemand gern zum Arzt. In vielen Fällen bräuchte es mehr Koordination», so Blatt.
Krankenkassen-App als digitale Erstberatung
Das neue System soll über eine einheitliche digitale Plattform funktionieren. «Das kann zum Beispiel über eine Krankenkassen-App laufen», erklärte der GKV-Chef. Patienten geben dort ihre Beschwerden ein und erhalten durch gezielte Fragen eine erste Einschätzung.
Die App soll klären, ob ein Hausarztbesuch notwendig ist oder bereits der Gang zur Apotheke ausreicht. «Mit strukturierten Fragen ist es dann möglich, festzustellen, ob es notwendig ist, zum Hausarzt zu gehen - oder ob der Gang in die Apotheke vielleicht schon helfen würde», sagte Blatt.
Über die digitale Plattform könnte direkt ein Hausarzttermin gebucht werden. «Und die Hausarztpraxis würde bei Bedarf an Fachärztinnen und Fachärzte weitervermitteln - am besten auch elektronisch und indem direkt freie Termine erkennbar sind», so der Verbandschef.
Neutrale Plattform gegen Zwei-Klassen-Medizin
Blatt fordert eine grundlegende Änderung bei der Terminverteilung. «Dafür müssten Termine von Ärztinnen und Ärzten in der ambulanten Versorgung auf einer neutralen Plattform anteilig verfügbar sein», sagte er. Die Vergabe solle sich nach dem medizinischen Bedarf richten, nicht nach dem Versicherungsstatus.
«Wir müssen endlich mit Reformen anfangen. Es ist zu lange nichts passiert», mahnte der GKV-Vorstandschef. Heute warten Patienten oft monatelang auf Facharzttermine, nachdem sie eine Überweisung erhalten haben.
Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) plant bereits entsprechende Reformen. Laut Koalitionsvertrag wollen Union und SPD ein verbindliches Primärarztsystem einführen. Patienten sollen zunächst zum Hausarzt gehen, der sie mit garantierten Terminen an Fachärzte überweist.
Analoge Alternativen bleiben bestehen
Blatt betont, dass das System niemanden bevormunden wolle. «Wenn wir von Steuerung sprechen, kommen schnell Bedenken, es könnte um Bevormundung gehen. Mehr Effizienz führt aber am Ende auch dazu, dass diejenigen, die medizinische Unterstützung brauchen, schneller an Sprechstundentermine kommen», erklärte er.
Viele Patienten würden durch die digitale Vorab-Einschätzung feststellen: «Mensch, das ging jetzt auch ohne Arztbesuch.» Für Menschen ohne digitale Affinität müsse es weiterhin alternative Wege geben, etwa per Telefon.
«Aber teilweise wird die Anzahl der Menschen auch überschätzt, die angeblich nicht digital unterwegs sind», so Blatt. Besonders in ländlichen Regionen sollten Ärzte verstärkt in Kooperationen und Versorgungszentren arbeiten.
(dpa) Hinweis: Dieser Artikel wurde mithilfe von Künstlicher Intelligenz überarbeitet.